Vom
"AQUA VITAE"
Die
weitere Entwicklung dieses Destillationsverfahrens war bis ins 19.
Jahrhundert aufs engste mit der Geschichte des Alkohols verknüpft.
Der Straßburger Arzt HIERONYMUS BRUNSCHWIG (1450 bis 1513)
verfaßte zahlreiche Destillationsbücher, die als Vorbild
für spätere ähnliche Werke dienten. z.B.: das sogenannte
"Große Destillierbuch" aus dem Jahre 1512, ein umfangreiches
Werk von mehr als 600 Seiten, enthält Rezepte zur Herstellung
pflanzlicher Extrakte sowie Vorschriften zur Anwendung im Krankheitsfalle.
Die in zahlreichen Holzschnitten dargestellten Beschreibungen mit
dem Einblick in die Laboratoriumstechnik stellt mehr als nur eine
beliebtes Nachschlagwerk für Ärzte und Apotheker dar.
Brunschwig
mit Abstammung der alteingesessenen Straßburger Patrizierfamlie
der SAULER schrieb bereits im Jahre 1497 ein Lehrbuch der Chirurgie,
in dem erstmals die Behandlung von Schußwunden, die man als
vergiftet hielt, eingehend erläutert. Wesentlich ist aber auch,
daß Brunschwig eine verständliche Einführung der
Anatomie und Pathalogie, die auch dem Laien verständlich war
und mit Rezepten zur Herstellung von Heilmitteln, für damalige
Zeiten ein gewagtes, jedoch überaus wertvolles Werk für
die Allgemeinheit schuf Brunschwig stellt sich mit dieser Haltung
in die Reihe jener Ärzte, die vom Ethos ihres Berufes dem kranken
Menschen ohne Standesunterschied zu helfen bemüht war. Zu ihnen
gehörte auch PARACELSUS, der nur wenig jünger ebenso kompromißlos
die gleichen Ziele vertrat und hieraus bekanntlich bitterste Konsequenzen
zu ziehen hatte.
Zu
dieser Zeit schrieben noch einige sehr bedeutende Ärzte und
Wissenschftler über Medizin und Destillatiuonskünste ihre
Bücher. Man
entwickelte in weiterer Folge Destillationsapparaturen, die schneller
und kostengünster zu produzieren im Stande waren.
An
dieser Stelle sei der "Rosenhut" und "Faule Heintze" genannt, die
nicht nur im alchemistischen Sinne unter dem Synonym "Elexiere"
standen, sondern auch im Hüttenwesen einesetzt wurden.
Die
Destillationsvorgänge mit dem "Mohrenkopf", bei dem die Dämpfe
in einen mit Wasser gefüllten Trog geführtes Kupferrohr
besser kondensierten, brachten weit bessere Erfolge.
Für
die fraktionierte Destillation verwendete man im 17. Jahrhundert
gerne die "Hydra", so benannt, nach der vielköpfigen Schlange
der griechischen Sage, die eine Kombination mehrer übereinander
gesetzter Alembiks mit anhängenden Vorlagen ("receptaculum")
darstellte. Man kann in ihr formal einen Vorläufer der Kolonnendestillation
sehen, wie sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkam und heute noch
gebräuchlich ist.
Auch
eine Art Kaskadendestillation war schon bekannt. Mit ihrer Hilfe
ließen sich in einem einzigen Arbeitsgang mehrfach hintereinander
Destillationen durchführen, bei gleichzeitiger Gewinnng von
Zwischenfraktionen unterschiedlicher Siedelage. Anlagen ähnlicher
Art, von den Brüdern NOBEL neu erfunden, begannen in den letzten
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vor allem im Erdölgebiet von
Baku die bis dahin übliche und wenig effektiv einfache Blasendestillation
abzulösen.
Diese
sehr interessante Rektivikationsmethode kommt der heutigen modernen
Gas-Chromatographie sehr nahe und findet sich schon bei Brunschwig.
Das
Destillat nannte man "spiritus" (Geist) oder "Wasser".
|