Von
den alkoholischen Getränken und dem "GEPRANNDT WEYN"
Mit
der Verbesserung der Destillationstechnik, die wie wir sahen, zur
Entdeckung des Alkohols geführt hatte, war nunmehr auch die
Möglichkeit gegeben, stärkere alkoholische Getränke
herzustellen. Noch im 13. Jahrhundert wurde Wein destilliert und
für medizinische Zwecke verwendet.
Die
Kenntnis seiner Gewinnung lag allein bei den Ärzten und den
seit dem Erlaß der Medizinalordnung durch Friedrich II. eine
eigene Berufsgruppe bildenden Apothekern. Die
änderte sich jedoch sehr bald, vor allem während der ersten
großen Pestepidemie, die Europa zwischen 1347 und 1350 heimsuchte
und nahezu ein Viertel der Bevölkerung hinwegraffte.
Nach
einer durch Papst Clemes VI. (1342 bis 1352) angeordneten Volkszählung
soll der "Schwarze Tod" damals 43 Millionen Opfer gefordert haben.
Im
"aqua Vitae", dem Lebenswasser, glaubte man eine wirksame Medizin
gegen diese Seuche gefunden zu haben, was bedeutende Ärzte
späterer Generationen als irrige Meinung abgetan haben.
Jedermann
bemühte sich, dieses "Wunderwasser" auf eigene Faust herzustellen,
und dies nicht nur der als Medizin wegen, sondern auch zum Vergnügen.
So drang die Kenntnis der Alkoholgewinnung bald in die breite Öffentlichkeit
und wurde dem Einfluß der Ärzte und Apotheker weitgehend
entzogen. In weiterer Folge wurde nicht nur aus Wein, sondern auch
aus anderen vergorenen, alkoholhaltigen Substanzen, so z.B. aus
Bier, Alkohol hergestellt. Dies führte immer öfter zu
stark verunreinigtem Alkohol, was in zunehmenden Maße beim
konsumieren Vergiftungen hervorgerufen hatte.
So
war man im ausgehenden Mittelalter in vielen Ländern und Reichsstädten
gezwungen, Verordnungen gegen diesen Alkoholmißbrauch zu erlassen,
wie z.B. 1496 durch den Rat der Stadt Nürnberg. Allerdings
waren solche Verbote gegen die stark zunehmende Trunkensucht wenig
wirksam. Immer mehr Ehen wurden zerüttet, zumal auch die Frauen
sich dem Trunke ergaben.
In
Nordhausen, wo eine rege Hausindustrie mit der Herstellung von Branntwein
beschäftigt war, wird 1549 durch eine Polizzeiverordnung das
Trinken von Branntwein an bestimmten Tagen und zu
gewissen Zeiten verboten. Wegen der großen Feuergefahr befanden
sich die Brennereien vor den Toren außerhalb der Stadt. Es
entstand ein reger Handel mit Branntwein, vor allem auch in die
neu entdeckten außereuropäischen Länder, was zu
verheerender Tragweite,wie der Demoralisierung, den Ausbruch von
Krankheiten und den Zerfall der Kulturen zur Folge hatte. An der
Stelle, wo heute die City von New York steht, haben1626 holländische
Kaufleute mit zwei Fässern voller Rum die Überlassung
von Land und Blockhäusern erwirkt. Sie nannten den Ort "Neu-Amsterdam".
Etwa
seit dem 15. Jahrhundert begannen in den meisten europäischen
Ländern selbständige Gewerbe mit der Herstellung starker
alkoholischer Getränke, die zum Großteil noch heute ihr
eigens charakteristisches Gepräge bewahrt haben.
Bereits
1411 wurde in Südfrankreich das "brennende Wasser" aus Wein
gebrannt, heute noch geschätzt als "Armagnac", wie es nach
der dortigen Landschaft genannt wird, in der es seinen Ursprung
nahm. Etwa ein Jahrhundert später begann man in Caen und anderen
Städten der Normandie aus vergorenem Apfelsaft den "Calvados"
zu destillieren, der seinen Namen nach den kilometerlangen vorgelagerten
Klippen trägt, die 1588 einer Reihe von Schiffen der spanischen
Armada zum Verhängnis wurde. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde
schließlich im kleinen Städtchen Cognac im Südwesten
Frankreichs ein Weinbrand hoher Qualität, der heute noch weltberühmt
ist, erzeugt. Einer der Begründer der holländischen Alkoholindustrie
war LUCAS BOLS, der heute noch weltweit bekannt ist, hat am Stadtrand
von Amsterdam 1575 die erste mit Torf beheizte Destillierblase aufgestellt.
Verschärft
wurde zudem noch die gesundheitsschädigende Wirkung des Alkohols
durch die in hohen Maße enthaltenen Fuselöle, die mit
der unvollkommenen Redestillationstechnik nicht entfernt werden
konnten. Dieses Problem war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ungelöst,
zumal die Nachfrage nach Trinkalkohol stark zunahm und die zeitraubende
Redestillation es nicht zuließ.
1785
stellte Tobias Lowitz mit Holzkohle systematische Versuche an, verdorbendes
Trinkwasser auf Schiffen und übelriechender Kornbranntwein
wieder trinkbar zu machen.
Der
französische Chemiker FIGUIER hat in umfangreichen Untersuchungen
im Jahre 1810 diese Anwendung mit Knochenkohle angestellt. Der damals
produzierte Branntwein in kupferner oder aus Messing bestehender
Apparatur wirkte sich geschmaksstörend und gesundheitsschädlich
aus und man empfahl die Kupfergeräte zu verzinnen. Häufig
genug wurde über den widerlichen Geschmack und die brecherregende
Wirkung mancher Trinkbranntweine geklagt, die in solchen Gerätschaften
destilliert worden waren.
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