Entwicklung
der Alkohol- und Temperaturmessung
Ein
weiteres Ploblem stellte die Meßbarkeit der Dichte des Alkohols
dar, was nur in Vergleichen geschah. Das Messen der Alkoholkonzentration,
das letztlich auf dem Prinzip des von Archimedes beruhenden Aräometers,
der Senkwaage oder Senkspindel beruht, war an und für sich
schon in der Antike bekannt. Das Lehrgedicht von den Gewichten und
Maßen des <Rhemnius Fannius Palaemon>, eines Römers,
hat Mitte des 1. Jahrhunderts das "Barylllion" beschrieben, ein
silberner, dünnwandiger und am unteren Ende verschlossener
Hohlzylinder. Ein am unteren Ende angebrachtes Gewicht sorgte, daß
das Rohr senkrecht in der Flüssigkeit schwamm. Die Eintauchtiefe
konnte an einer der Länge nach eingeritzen Querstriche abgelesen
werden, allerdings da es keine Bezugswerte gab, konnten nur vergleichende
Messungen angestellt werden.
Auch
die Araber kannten das Aräometer aus den Schriften antiker
Autoren. PAPPUS, dem Rumäer (Byzantiner), diente als Bezugsflüssigkeit
das Wasser des Euphrats - seine Messergebnisse sind bereits erstaunlich
genau und läßt erkennen, daß ihm auch der Temperatureinfluß
auf die Dichte von Flüssigkeiten bekannt war. Auf diese oder
ähnliche Art wurden Salz- und Zuckerlösungen gemessen,-
die Senkspindeln waren empirisch geeicht. ( 1 Grad war jeweils 1
% Salz bzw. Zucker)
Die
im Jahre 1768 von dem Pariser Apotheker und Professor der Pharmazie
ANTOINE BAUME eingeführte Flüssigkeitswaage ( pese-liqueurs)
fand nach seiner offiziellen gesetzlichen Bestätigung im Jahre
1771 allgemeine Anwendung. Obwohl Baume das Wasser nicht als Bezugsflüssigkeit
nahm und die Eintauchtiefen unwillkürlich gewählt wurden,
ist noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem in der Mineralöl-
und Schwefelsäureindustrie nach "Baume-Graden" gemessen worden.
Auch
die Messung der Temperatur war lange Zeit nicht möglich, obwohl
GALILEO GALILEI sich mit dem sogenannten Thermoskopes beschäftigte,
ohne jedoch daraus einen Nutzen ziehen zu können. Mehrere namhafte
Wissenschaftler und Physiker beschäftigten sich mit Instrumenten
zum Messen von "Kälte und Hitze".
Die
ersten wiklich brauchbaren, gleichfalls mit Alkohol oder Quecksilber
gefüllten Thermometer konstruierte der Danziger Physiker GABRIEL
DANIEL FAHRENHEIT; der auch erstmals auf die Abhängigkeit des
Siedepunktes von Flüssigkeiten vom Luftdruck hinwies. Oberer
Fixpunkt auf seiner Skala war 100 grd, was der menschlichen Bluttemperatur
entsprach.
Schmelzpunkt
des Eises und Siedepunkt des Wassers waren die Bezugstemperaturen
des von RENE-ANTOINE FERCHAULT de REAUMUR eingeführten Termometers,
bei dem die Differenz auf 80 Teile eingestuft war. Der schwedische
Astronom uns Physiker ANDERS CELSIUS (1701-1744) entschied sich
bei gleichen Fixpunkten für eine Einteilung in 100 Teile, setzte
jedoch den Eispunkt mit 100 und den Siedepunkt des Wassers mit 0
grd fest. Erst sein Landsmann CARL VON LINNE (1707-1778) führte
die noch heute übliche Skaleneinteilung mit dem Siedepunkt
100 grd. ein.
Nach Einführung der Wasserkühlung bei der Destillation
und der erforderlichen Anpassung der Apparaturen an diese neuartige
Arbeitsweise sind bis tief in das 18. Jahrhundert kaum weitere grundsätzliche
Verbesserungen der Destillationstechnik zu verzeichnen.
Das
Destillationsgewerbe wurde in Europa immer stärker industriemäßig
entwickelt und diente fast allein zur Gewinnung von Alkohol für
Genußzwecke. Es fehlten noch viele theoretische und praktische
Voraussetzungen zur rationellen Herstellung, auch wenn seit Beginn
des 17. Jahrhunderts erste Ansätze hierüber zu erkennen
sind. Die Kenntnis, daß zum schäumen neigende Flüssigkeiten
in breiten und robusten Gefäßen mit geräumigen Vorlagen,
sowie "dünne subtile Geister" in Geräten mit langem und
schmalen Hals zu destillieren seien, beweist die zunehmende Entwicklung.
Von
GLAUBER stammen die ersten Versuche, Wasserdampf als Wärmeträger
zu verwenden. Ab
1800 verbreitete sich die direkte wie auch indirekte Beheizung mittels
Wassderdampf, was zu enormen Energeieinsparungen führte.
An
der Verbesserung der Destillationsapparaturen waren infolge wesentliche
Wissenschaftler beteiligt. Ein Anstoß von weittragender Veränderung
ging aber von den schottischen Whiskybrennern aus. Sie konstruierten
beinahe kugelförmige Destillierblasen und die Dämpfe wurden
kontinuierlich mit Wasser gekühlt und hatten den Einbau eines
Rührers in die Blase vorgeschlagen, um die Verdampfung zu beschleunigen,
den Schaum zu beseitigen und den Boden der Blase frei von Ablagerungen
aus der Schlempe zu halten.
Die
wichtigste Neuerung wurde 1801 von EDOUART ADAM eingeführt.
Er war zwar kein Wissenschaftler, jedoch ein genialer Praktiker.
Er griff einen von GLAUBER gemachten Vorschlag auf, die Destillatdämpfe
partiell zu kondensieren und durch das noch warme Kondensat zu leiten.
In
der von ihm erdachten und am 29.05.1801 patentierten Destillationsapparatur
leitete Adam die Dämpfe durch eine Reihe mehrhalsiger Gefäße.
In ihnen fand bei unterschiedlichen Temperaturen eine partielle
Kondensation statt. Anlagen dieser Bauart waren noch in den zwanziger
Jahren des 19. Jahrhunderts Vorbild ähnlicher Destillationseinrichtungen.
Der
große Durchbruch gelang aber dem Franzosen JEAN BAPTISTE CELLIER
BLUMENTHAL (1768-1840).
Er betrieb in Belgien, das damals zum Kaiserreich gehörte,
eine der ersten Rübenzuckerfabriken, deren Einrichtung durch
Napoleon intensiv gefördert wurde. Der Kaiser hat eine Million
Francs ausgesetzt, ein Verfahren zu entwickeln, raffinierten und
gleichmäßig kristallisierten Zucker im großen zu
produzieren. Cellier Blumental hat den bis dahin horizontal angeordneten
Stoffaustauscher nunmehr senkrecht auf die Destillationsblase aufgesetzt
und schuf damit den Prototyp der modernen Destillationskolonne.
Zuerst mit Lochbleche unterteilt, bald jedoch mit Glockenböden,
wie sie auch heute noch im Prinzip üblich sind, ausgestattet,
war sie viel leistungsfähiger und von vornherein für einen
kontinuierlichen Betrieb eingerichtet. Die Blase wurde indirekt
mit Dampf beheizt und damit war die Entwicklung der heute noch gültigen
Konstruktion der Destillationsgeräte im Prinzip abgeschlossen.
Unverändert
aber geblieben sind die Grundprinzipien, nach denen auch diese Anlagen
arbeiten und die bereits von Männern wie Aistoteles und vielen
anderen Pionieren jener Frühzeit erahnt und dunkel formuliert
wurden: Verdampfung und Kondensation.
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